Zum Umgang mit dem Mosaik am Potsdamer Rechenzentrum – Fazit zum Symposium vom 28. und 29. Februar 2020

 

2 Tagungstage, 18 Mosaikplatten im Fokus, 9 inspirierende Vorträge, 150 interessierte Gäste, 1 Ausstellung, 1 Stadtspaziergang, 1 Podiumsdiskussion und 1 einhellige Erkenntnis: Das Mosaik muss am Standort erhalten bleiben, alles andere wäre ein „Trauma”.

Der FÜR e.V. bedankt sich  noch einmal herzlich für das große Interesse und die Unterstützung aller Beteiligten, insbesondere auch bei dem Potsdam Museum und dem Rechenzentrum für die Räumlichkeiten.

Verkürzt lassen sich die Ergebnisse der Tagung auf der Basis der Referate, Stimmen aus dem Publikum und vor allem der abschließenden Podiumsdiskussion so zusammenfassen.

 

Welches sind die Denkmalwerte des Mosaikzyklus „Der Mensch bezwingt den Kosmos“ des Künstlers Fritz Eisel?

Der Mosaikzyklus steht bereits seit 1977 bzw. 1991 unter Denkmalschutz – eine eigentlich übliche Begründung dazu blieb aber bislang aus. Laut Prof. Dr. Susanne König (FH Potsdam) ist „das Mosaik […] ein kunsthistorisches Dokument, und es hat eine kunsthistorische Qualität, die man […] erhalten soll.“

Prof. Dr. Martin Sabrow (ZZF Potsdam) betont in seinem Vortrag zu den Bedeutungsebenen der Mosaike den zeit- und ideologiegeschichtlichen Wert des Bilderzyklus‘.

Angesichts der völligen Selbstüberschätzung des politischen Systems, welche im Titel „Der Mensch bezwingt den Kosmos“ zum Ausdruck kommt, spricht Prof. Gabi Dolff-Bohnekämper (TU Berlin) den Bildern vor allem auch „eine kulturhistorische Bedeutung“ zu.
Darüber hinaus führt Dr. Mark Escherich (BU Weimar) den „Aspekt der Technikgeschichte […] als wissenschaftlichen Wert“ an. Und schließlich fasst der Landeskonservator, Prof. Dr. Thomas Drachenberg (BLDAM) zusammen: „Die wichtigste ist die künstlerische und die geschichtliche Qualität.“

Ein bislang kaum diskutiertes Detail zum Umfang des Denkmalschutzes hält letztlich Gabi Dolff-Bohnekämper fest: „Meines Erachtens sind die [Gitter-Elemente mit den Emaille-Tafeln auf der Westseite] Teil des Werkes […], Teil des Schutzgutes.“

Kann man den Mosaik-Zyklus ausbauen, zerteilen und an verschiedenen Stellen wieder aufstellen?

Nach wie vor existiert der Beschluss der Stadtverordnetenversammlung, das Kunst- und Kreativhaus Potsdam 2023 zu schließen. Auch der Abriss des Rechenzentrumsgebäudes und eine Translozierung der Mosaike in das geplante neue Kreativquartier stehen nach wie vor im Raum.

Thomas Drachenberg meint im Rahmen der Podiumsdiskussion zu diesem seitens der Stadtverwaltung schon diskutierten Vorhaben: „Konservatorisch gesehen muss [man] alles tun, damit es dem Mosaik gut geht. Es geht dem Mosaik aber nur dann gut, wenn es da in situ bleibt.“ Es zu versetzen oder gar zu zerteilen, tue dem Mosaik eben nicht gut, fügt er hinzu.

„Die […] beste Variante ist, es bleibt da, und dann bleibt auch das Haus dahinter. Also: nicht bewegen, nicht zerteilen. Das, glaube ich, ist die konservatorische Ansage. Das Zweite ist, wenn es nicht anders geht, dann würden wir […], weil es dann die wenigste Beschädigung noch ermöglicht, dafür plädieren, dass wenn da ein Neubau hinkommt, es in der gleichen Lage wieder an den Neubau kommt. (…) Und das Dritte [nämlich das Mosaik zu versetzen oder gar zu zerteilen], ist eigentlich für uns eher ein Trauma.“

Welches sind die Denkmalwerte des Rechenzentrums? Sollte nicht auch das ganze Bauwerk unter Denkmalschutz gestellt werden? Oder welche anderen Wege der Erhaltung gibt es?

Die denkmalgeschützten Mosaike gehören zur Gruppe des architekturgebundenen Kunst- und Kulturgutes. Es stellt sich hier die Frage, ob nicht auch das Bauwerk, schon um diesen Sinnzusammenhang zu wahren, nachträglich ebenfalls unter Denkmalschutz gestellt werden sollte.

Mark Escherich schlägt hierzu vor, „dass man sich dieser letzten Exemplaren der Architektur [der DDR-Moderne Potsdams] bewusst werden“ solle, über eine Auswahl von tradierungswürdigen Objekten nachdenken müsse. „Das kann als ‚hartes Instrument‘ die Denkmalliste sein. Aber es könnte eben auch eine ‚weiche Liste‘ sein, […] die dann auch in den öffentlichen Diskurs noch einmal eingestreut wird und öffentlich diskutiert wird.“

Der Landeskonservator Thomas Drachenberg sieht diese Alternative nicht mehr. Er sagt: „Wir […] sind als drei Gründen der Meinung, dass es kein Denkmal ist: Erstens: Das Gebäude, das Rechenzentrum, das da jetzt noch steht, ist unter der Hälfte von dem, was mal da stand. Zweitens: Das, was an Fassadenqualität da war, ist heute nicht mehr da. Drittens: Die Innenstrukturierung erzählt jetzt ganz wenig, an Geschichte, also an Qualität […], sodass wir sehr deutlich sagen müssen: es erfüllt nicht den Denkmalwert.“

Aber zur Erhaltung, unabhängig von einer Unter-Denkmalschutzstellung sagt er: „Das Rechenzentrum wird mit vielen, vielen anderen Argumenten zu retten sein. […] Die haben aber jetzt a priori nichts mit Denkmalschutz zu tun, sondern mit der Stadtgesellschaft. Und die Planungshoheit, wie die Stadt mit ihrem eigenen Erbe umgeht, liegt bei der Stadt selber.“

Gabi Dolff-Bohnekämper erweitert diesen Gedanken der „Mitverantwortung der Stadt“ so: „Die Denkmalpflege ohne die Allgemeinheit, die kann einpacken. Und insoweit ist das Interesse der Allgemeinheit ein superwichtiger Schlüssel für diese ganze Debatte.“

Hierzu hat Dr. Martin Bredenbeck (Amt für Denkmalpflege im Rheinland) anhand verschiedener Beispiele aus anderen Städten sowohl in Ost- als auch West-Deutschland aufgezeigt, dass offener Einsatz der lokalen Gesellschaft, beispielsweise durch Bürgerinitiativen, sich lohnen können und immer wieder zur Rettung und Erhaltung von bedrohten Gebäuden geführt haben.

Im Detail skizziert Mark Escherich als eine denkmalpflegerische Lösung für das derzeitige Gebäude-Ensemble ein „Bild […], zu dem diese Turmrekonstruktion [der Garnisonkirche] dazugehört, […] aber die eigentlich dann mit dem Gebäude [des Rechenzentrums] zusammen ein relativ schlagfertiges Zeugnis und Dokument unserer Diskussion der Zeit um 2020 ist und insofern die spannende Kombination ist.“

Der an Entwurf und Erbauung des Rechenzentrums beteiligte Architekt und Zeitzeuge Wolfgang Kärgel schlägt Folgendes vor: „Diesen Ort des Rechenzentrums als eine frei verfügbare und auch kreative Oase in der Stadtmitte zu erhalten, würde ich als Wert sehen. Über die ästhetischen, baukonstruktiven, historischen Dinge hinaus, das heißt für städtisches Leben und für nicht von kommerziellen Rahmenrichtlinien bestimmtes Leben einen Bereich zu schaffen.“

In der ÜBER-ECK-Podiumsdiskussion führt dies zum abschließenden Kommentar von Kristina Tschesch, der Moderatorin der Runde: „Zur Aneignung und der Stadtgesellschaft, die diesen Bau und das Mosaik retten und erhalten kann, jetzt aus dem Rechenzentrum und aus der Kulturlobby gesprochen: Wir sind ja schon seit Jahren dabei, [darauf aufmerksam zu machen]. Der Untertitel unserer ersten Aktion [bei der das Mosaik mit Swingmusikuntermalung gereinigt wurde] hieß übrigens: ‚Der Mensch beswingt den Kosmos‘. Soviel zur Überschreibung und Neuaneignung.“

Text: Gottfried Hauf und Kristina Tschesch | Fotos: Christian Morgenstern, Manuela Clemens, Adam Sevens