Am Freitag, 24. Januar 2020 trugen Elias Franke (Kulturlobby Potsdam) und Hermann Voesgen (Freundliche Übernahme Rechenzentrum e.V.) bei der Anhörung, eingeladen von Oberbürgermeister Mike Schubert vor:
Hier das gesamte Statement zum Nachlesen:
Seit dem Herbst 2015 hat sich hier in Potsdam ein Ort entwickelt und etabliert:
Ein Ort für Kultur- und Kreativwirtschaft, für Soziokultur, für junge Menschen und ehrenamtliches Engagement, für urbane Nachbarschaft, kulturelle Bildung und für Experimente
Das Rechenzentrum IST, jetzt und hier, und es WIRKT.
– und das ohne institutionelle Förderung von Inhalt und Betrieb.
Außerdem trägt das Rechenzentrum ein wertvolles Denkmal:
Das Mosaik „Der Mensch bezwingt den Kosmos“ . Unser Haus ist bauliches Zeugnis einer Epoche, die in Potsdam nur noch in Fragmenten vorhanden ist.
Es ist aus unserer Sicht heraus unsinnig und riskant, diese funktionierende Einrichtung zu zerstören! Die Gründe dafür sind vielfältig wirtschaftlich gesehen, kulturell, stadtgesellschaftlich, unter Klimagesichtspunkten und an dieser Stelle auch aus historischer Verantwortung.
Es ist für uns als Stadtgesellschaft wichtig, öffentliche Flächen und Räume zu erhalten – aktuell und für zukünftige Generationen! 80 Prozent des Rechenzentrums liegen auf einem städtischen Grundstück. Hier ist es möglich, die Nutzung und die Preise langfristig zu sichern, auf Bedarfe einer wachsenden Stadt reagieren zu können – wirksam gegen weitere Verdrängungsprozesse – also anders als in dem geplanten Kreativquartier, welches privatisiert entwickelt werden soll.
Ein lebendiges Stück Stadt kann nicht abgerissen werden, um ein Feld frei zu machen für etwas, das noch nicht ist! – weder konzeptionell, noch finanziell, noch sind die Bedarfe klar, welche hier erfüllt werden sollen.
Kirchenschiff ade – heißt das für uns.
Aus unserer Sicht hat der Oberbürgermeister dieser Entwicklung Ausdruck verliehen und deutlich gemacht, dass für die Landeshauptstadt Potsdam eine historische Rekonstruktion des Kirchenschiffes nicht in Frage kommt. Daraus folgt für uns eine Befreiung von überkommenen Festlegungen und Mustern. Ein Festhalten an der Kubatur oder dem Grundstück des ehemaligen Kirchenschiffs ist unsinnig – dafür gibt es keinen sachlichen Grund. Wenn jedoch die Stiftung GK Projekte und Rechte vor sich herträgt, die sie in absehbarer Zeit nicht umsetzen können und es trotzdem weiter köcheln lassen (trotz eines breiten Widerstandes), dann kommen wir hier an diesem komplexen Ort nicht weiter.
Verantwortlich im bürgerschaftlichen Sinne zu handeln, heißt hier: die Baufreiheit für dieses Grundstück an die Stadtgesellschaft zurückzugeben.
Wir sind dafür, neue Wege zu gehen, und Möglichkeiten zu diskutieren, was wir in und mit diesem Areal für die Stadt tun wollen („der Stadt Bestes“).
In der Begründung zur Beschlussvorlage des OB wird die Bedeutung des „erinnerungs- und bildungspolitischen Anspruchs“ hervorgehoben. Dafür „bedarf es Orte“. Die geschichtsvermittelnden Orte sind schon da. Das Spannungsverhältnis zwischen dem Turmprojekt und dem Rechenzentrum, Bau und Gegenbau ist offensichtlich.
Stellen Sie sich vor – hier gibt es etwas, das die Barockzeit kopiert, da ein Stück sozialistische Moderne, mit dem ungebremsten Fortschrittsglauben in den Mosaiken und der gegenwärtigen soziokreativen Arbeit des RZ.
Und dann zwischen den beiden Bauten – etwas drittes – zunächst eine Leerstelle, die hier zu Lehrstelle wird – ein Möglichkeitsraum.
In der BV wird auch die Verantwortung für die nachwachsenden Generationen hervorgehoben. Im Rechenzentrum findet diese Teilhabe bereits in einer intergenerationalen Praxis statt.
Zusammengefasst heißt das für uns:
– Wir lehnen die Beschlussvorlage in dieser Form ab.
– Wir fordern den Erhalt des Rechenzentrums als soziokreativen Ort für Kunst, Kultur und Zivilgesellschaft auf städtischem Grund und die entsprechende Änderung des Bebauungsplans.
– Wir plädieren für die Rückgabe des Kirchenschiff-Grundstückes an die Stadt bzw. den Verzicht auf die Baufreiheit.
– Wir fordern eine Öffentliche Debatte, um den Ort demokratisch, fachlich und überregional neu zu denken.
Der Oberbürgermeister hat eine Tür geöffnet, halten wir sie offen und nutzen wir die Chance mit einem Zukunftsrat Nutzungs- und Gestaltungsideen für das Plantagenquartier zu entwickeln.