Nov
27

Wir freuen uns sehr, dass Max Czollek zur Potsdamer Premiere seines aktuellen Buches im Rechenzentrum zu Gast sein wird.

In dem Buch „Versöhnungstheater” widmet sich Max Czollek der behaupteten und plakativ gelebten „Wiedergutwerdung der Deutschen” und dem Streben nach dem „Erinnerungsweltmeistertitel”.

Czollek beobachtet: Nach großen Gesten der deutschen Selbstvergewisserung hat sich in letzter Zeit so einiges verändert: Das Berliner Stadtschloss feiert die preußischen Könige, mit dem neuen Militärhaushalt wird eine Zeitenwende beschworen und der deutsche Bundespräsident bedankt sich auf seiner Israelreise ungefragt für die „Versöhnung“. Deutschland scheint sich mustergültig an den Holocaust zu erinnern. Herzlich willkommen zum Versöhnungstheater!

Nur 1,70 m neben dem Rechenzentrum wächst weithin sichtbar die Rekonstruktion des ehemaligen Garnisonkirchturms. Die Stiftung wirbt für ihr Wiederaufbauprojekt mit dem Slogan: „Geschichte erinnern, Verantwortung lernen, Versöhnung leben”. Das Rechenzentrum wurde als DDR-Datenverarbeitungszentrum nach der Sprengung des im Krieg beschädigten Turms am Standort der ehemaligen Garnisonkirche erbaut und im Erdgeschosssockel preist ein Mosaik den sozialistischen Fortschrittsglauben. Das heutige Nebeneinander der einerseits umgenutzten und andererseits rekonstruierten Gebäude und Zeitschichten macht das Areal zu einem Ort plakativer und ungewöhnlicher Erinnerungskultur. Genau hier möchten wir diskutieren, wie das Erinnern hierzulande pluraler werden kann.

Nach einer Lesung wird Max Czollek mit Konfliktforscher Michael Daxner ins Gespräch kommen, bei dem er 2016 im Studiengang „Interdisziplinäre Antisemitismusforschung” promovierte, bevor die Diskussion mit dem Publikum startet.  Moderiert wird das Gespräch von Kristina Tschesch.

19.30 Uhr Einlass // 20 Uhr Veranstaltungsbeginn
Empfohlener Eintritt: 5 – 10 €

Der Abend ist eine Veranstaltung des Freundliche Übernahme Rechenzentrum e.V. und wird realisiert in Kooperation mit dem Moses Mendelssohn Zentrum und dem Rechenzentrum.

Die Veranstaltenden behalten sich vor, von ihrem Hausrecht Gebrauch zu machen und Personen, die rechtsextremen Parteien oder Organisationen angehören, der rechtsextremen Szene zuzuordnen sind oder bereits in der Vergangenheit durch rassistische, nationalistische, antisemitische oder sonstige menschenverachtende Äußerungen in Erscheinung getreten sind, den Zutritt zur Veranstaltung zu verwehren oder von dieser auszuschließen.

MAX CZOLLEK
*1987, ist Autor und lebt in Berlin. Er ist Mitherausgeber des Magazins „Jalta – Positionen zur jüdischen Gegenwart” und seit 2021 Kurator der „Coalition for a Pluralistic Public Discourse” (CPPD) für eine plurale Erinnerungskultur. Er hat drei Gedichtbände publiziert, bei Hanser erschienen seine vieldiskutierten Essays „Desintegriert euch!” (2018), „Gegenwartsbewältigung” (2020) und „Versöhnungstheater” (2023). 2022 war er Ideengeber und Co-Kurator der Ausstellung „Rache. Geschichte und Fantasie” am Jüdischen Museum Frankfurt, deren Begleitband ebenfalls bei Hanser erschien. www.hanser-literaturverlage.de
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PROF DR. DR. H.C. MICHAEL DAXNER
*1947; Studium in Wien und Freiburg Promotion über Ernst Bloch Wien 1972; 1970-1974 Wissenschaftsministerium Wien; 1974-1986 Professor für Hochschuldidaktik Osnabrück; 1986-98 Präsident der Uni Oldenburg; ab 1998 Prof. für Soziologie und Jüdische Studien. Schwerpunkt: Konfliktforschung; 2000-2003 UNMIK Kosovo, zuständig für Bildung und Wissenschaft; 2003-2017 Forschung in Afghanistan; 2010-2017 SFB 700 FU Berlin (Schwerpunkt Afghanistan); ab 2016 vergleichende Diaspora- und Veteranenforschung. Sprecher der Heinrich-Böll-Stiftung Brandenburg, Vertrauensdozent ELES. Zahlreiche Veröffentlichungen. www.michaeldaxner.com
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KRISTINA TSCHESCH
*1979, ist freie Journalistin, Moderatorin, Filmemacherin und studierte Historikerin (Magisterarbeit 2007 über Erinnerungskultur und Geschichte im Film). Sie hat ihr Büro im Rechenzentrum und dessen Umnutzung zum Kreativhaus gemeinsam mit der Initiative „Kulturlobby Potsdam“ 2015 auf den Weg gebracht. Mit ihren Kollegen von 414films veröffentlichte sie 2019 die Dokumentation „Schrott oder Chance – Ein Bauwerk spaltet Potsdam“, die sich der Abrissdebatte rund um das ehemalige „Institut für Lehrerbildung“ (später FH) widmet und Fragen zu Stadtentwicklung, Bürgerbeteiligung, Umgang mit (architektonischem) DDR-Erbe, öffentlichem Raum und Erinnerungskultur in Potsdam verhandelt. www.kristina-tschesch.de