Potsdam braucht das Rechenzentrum. Jetzt erst recht.

Das RZ ist ein Ort für Kunst, Teilhabe und Dialog, mitten in einer Stadt, die mit ihrer Geschichte ringt. Doch seine Zukunft ist bedroht – trotz politischer Zustimmung. Wir fordern den Erhalt dieses soziokreativen Freiraums – für ein offenes, diverses und lebendiges Potsdam.

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Potsdam braucht das Rechenzentrum – aus sozialen, künstlerischen und zeithistorischen Gründen.

Wir, die Unterzeichnenden, wenden uns mit diesem Schreiben an die Öffentlichkeit, um unsere Besorgnis über die aktuelle Situation rund um das RZ zu äußern – und unsere klare Unterstützung für diesen besonderen Ort zu bekräftigen.

Das Rechenzentrum hat sich in den vergangenen zehn Jahren als einzigartiger Raum für Kunst, Kultur und soziale Teilhabe etabliert. Es ist ein bedeutender Freiraum für kreative Entfaltung, soziokulturelle Begegnung und zivilgesellschaftliches Engagement – getragen allein durch Mieteinnahmen, ohne institutionelle Förderung. Mitten in der Innenstadt.

Besonders eindrucksvoll ist das architektonische und symbolische Nebeneinander: Der Bau mit DDR-Geschichte und denkmalgeschütztem Mosaik steht unmittelbar neben dem rekonstruierten Turm der barocken Garnisonkirche. Hier wird deutsche Geschichte in ihrer ganzen Vielschichtigkeit sichtbar – im Kontrast, im Dialog, im Spannungsfeld.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Schirmherr der Stiftung Garnisonkirche, brachte es im Sommer 2024 bereits treffend auf den Punkt:

„Im Stadtbild zeigt das Ensemble vom wiederaufgebauten Turm und dem angrenzenden Rechenzentrum aus DDR-Zeiten die Ambivalenzen, die zuzulassen sich lohnt. So wie der Wiederaufbau des Turmes legitim war und bleibt […], so sollte auch das Rechenzentrum erhalten bleiben. Beide Gebäude müssen zu einer Koexistenz finden. Spannungsreich wird sie sein, diese Koexistenz, aber sie kann die Stadt in der Auseinandersetzung mit ihren verschiedenen Vergangenheiten wieder zusammenführen.

Doch genau dieser Ort ist in seiner Zukunft gefährdet – trotz politischer Unterstützung und Mehrheitsbeschlüsse

Im Dezember 2024 sprach sich eine Mehrheit der Potsdamer Stadtverordneten für eine Verlängerung der Nutzung um weitere fünf Jahre aus, inklusive der Entwicklung von Szenarien für eine Sanierung.

Nebenan wächst das neue Kreativquartier, was Ergänzung, aber nicht Ersatz für das Rechenzentrum sein wird. Es bietet weder ausreichend kleinteilige Räume noch Bezahlbarkeit für viele. Dass Potsdam beide Orte braucht, dazu haben sich die zukünftigen Nutzenden des neuen Langes Stalls und die jetzigen Nutzenden des RZ erst kürzlich positioniert.

Dennoch bleibt die Lage unklar. Die aktuellen Nutzungsverträge laufen am 31. Januar 2026 aus.

Die Stiftung Garnisonkirche hat ihre Mitwirkung an einer Machbarkeitsstudie, die eine langfristige Zukunft des Rechenzentrums in einem angedachten „Forum an der Plantage“ entwickeln sollte, kürzlich zurückgezogen. Die Stiftung knüpft ihre weitere Mitwirkung an die Rücknahme zweier Beschlüsse der Stadtverordneten: Den Beschluss vom Juli 2024, den Plenarsaal für die Sitzungen der Stadtverordneten auf dem Rathausgelände (statt am ehemaligen Kirchenschiff) zu errichten, sowie die Verlängerung des Rechenzentrumsbetriebs um fünf Jahre, die im Dezember 2024 beschlossen wurde.

Das Potsdamer Bauamt, unter dem Beigeordneten Bernd Rubelt, nennt zahlreiche bauordnungsrechtliche Hürden, die gegen eine Weiternutzung des Rechenzentrums sprächen u.a. fehlende Duldungsgründe und Vetorechte der Stiftung Garnisonkirche. Trotz politischer Willensbekundung steht hier im Mittelpunkt, was alles nicht geht — statt dem, was geht.

Die Situation ist komplex – aber keineswegs unlösbar.

Deshalb appellieren wir an die Verantwortlichen in Politik, Verwaltung, Kirche und Zivilgesellschaft: Setzen Sie sich aktiv für die Weiternutzung und den langfristigen Erhalt dieses soziokreativen und gemeinwohlorientierten Ortes ein. Folgen Sie dem Beschluss der Stadtverordneten – und geben Sie dem Rechenzentrum eine verlässliche Perspektive.

Die hier beheimateten Projekte, Ateliers, Studios, Begegnungsräume und Initiativen leisten einen wesentlichen Beitrag zur kulturellen Vielfalt, urbanen Lebendigkeit und sozialen Offenheit Potsdams. Gerade im Zusammenspiel mit dem Garnisonkirchenturm liegt das besondere Potenzial dieses symbolisch aufgeladenen Ortes.

Potsdam braucht das Rechenzentrum.

ZUR UNTERZEICHNUNG

ZU DEN UNTERZEICHNENDEN

 

Statements von ausgewählten Unterstützer:innen

Prof. Dr. Hartmut Dorgerloh

Generalintendant Stiftung Humbolt Forum im Berliner Schloss

Foto: David von Becker

Teilhabe und Dialog sind wichtige Stichworte für das Selbstverständnis und die Arbeit sowohl vom Rechenzentrum als auch von der Stiftung Garnisonkirche – das sollte auch im Umgang miteinander gelten. Es muss darum gehen, es nicht nur nebeneinander auszuhalten, sondern miteinander aus Gegensätzen und verschiedenen Perspektiven produktive Beiträge für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft zu entwickeln. Das muss gerade hier gelingen – und kann es auch.

 
 

Bauhaus Erde

Forschungsinstutution zum regenerativen Bauen

Foto: Kristina Tschesch

Wir von Bauhaus Erde sind mit unserer Schaustelle ProtoPotsdam direkte Nachbarn des Rechenzentrums – und erleben täglich, welchen Wert dieser lebendige Ort hat.
Das Rechenzentrum ist ein konsumfreier Raum für Soziokultur und demokratische Teilhabe – genau das, was Städte wie Potsdam heute und in Zukunft dringend brauchen. Die Erinnerungen, die in ihm leben, seine Räume und nicht zuletzt die im Gebäude gespeicherte graue Energie sind wertvolle Ressourcen, die es zu bewahren gilt. Wirtschaftlich und technisch tragfähige Konzepte für eine schrittweise Sanierung liegen längst vor. Wer heute noch funktionierende Gebäude abreißt, ignoriert die Realität der Klimakrise. Abriss bedeutet Ressourcenverschwendung. Abriss bedeutet Müllproduktion. Weiterbauen statt Wegwerfen ist kein Kompromiss, sondern unsere Pflicht.

 

Prof. Dr. Christoph Martin Vogtherr

Generaldirektor Stiftung Preußische Schlösser und Gärten

Foto: Annette Koroll

Das Rechenzentrum mit seinem Mosaikfries ist ein bedeutender Bau der Moderne und ein zentrales Zeugnis der Geschichte Potsdams. Wichtige Gebäude aus der Zeit der Bezirkshauptstadt sind inzwischen beseitigt worden – umso wichtiger ist es, direkt neben dem Neubau des Garnisonkirchturms dieses Zeichen der vielschichtigen Geschichte Potsdams zu bewahren.
Seine Erhaltung ist aber nicht nur eine Frage der gebauten Erbes. Als Ort der künstlerischen Produktion ist das Rechenzentrum wichtiger Teil der Kulturstadt Potsdam.

 

Katja Lewina

Autorin

Foto: Julija Goyd

Das Rechenzentrum ist kein Bonus für diese Stadt – es ist ihr kreatives Gedächtnis, ihr utopisches Versuchslabor, ihr Ort der Möglichkeiten. Die Hälfte meiner Bücher gäbe es ohne das Rechenzentrum nicht. Denn Kunst entsteht nicht in geordneten Bahnen, sondern in Freiräumen wie diesem.

 

Dr. Max Czollek

Autor und Kurator

Foto: Anna Beeck

Wir brauchen das Rechenzentrum, weil es ein Ort selbstbestimmter kreativer Arbeit ist. Das ist gerade in Zeiten knapper Kassen und rechter Kulturkämpfe ein immer knapper werdendes Gut. Es ist auch ein Gegenentwurf zur preußischen Autoritätshörigkeit, für die die rekonstruierte Garnisonkirche nebenan steht. RZ muss bleiben!

 

Katja Melzer

Direktorin Brandenburg Museum für Zukunft, Gegenwart und Geschichte,
Geschäftsführerin Brandenburgische Gesellschaft für Kultur und Geschichte gGmbH

Foto: Nadia Zheng

Das Rechenzentrum bietet seit 10 Jahren einen zentralen Ort für Begegnung, Austausch und Kreativität. Darüber hinaus leisten Künstler:innen, Kreativschaffende, Vereine zur Inklusion, Initiativen zur Integration und wissenschaftliche Einrichtungen mit niedrigschwelligen Kultur- und Bildungsangeboten einen wichtigen Beitrag zur Verständigung der Potsdamer Stadtgesellschaft. Dass dieser einzigartige Ort in Potsdam nun wieder vor dem Aus stehen soll, ist nicht nachvollziehbar. Das Rechenzentrum muss in all seiner Vielfalt und Wirkungskraft erhalten bleiben!

 

Prof. Dr. Frank Bösch

Direktor des Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung (ZZF), Professor an der Universität Potsdam

Foto: Sebastian Rost

Nicht nur preußische Bauwerke stehen für die gebrochene deutsche Geschichte, sondern auch die der DDR. Das Rechenzentrum verkörpert die gescheiterten computergestützten Planvisionen der SED, aber auch die vielfältigen, oft schwierigen Aufbrüche nach der Einheit. Auch deshalb sollte es als kreativer Ort neben der Garnisonkirche erhalten bleiben.

 

Bernadette La Hengst

Musikerin

Foto: Christiane Stephan

Das Rechenzentrum in Potsdam ist die große Schwester des Haus der Statistik in Berlin, wo ich seit vielen Jahren meinen Chor der Statistik leite. Genau solche Orte braucht es in den Stadtzentren, für eine lebendige Kultur in bezahlbaren Räumen, für Soziales, Nachhaltiges und Kunst. Das muss erhalten bleiben!

 

Evgeni Kutikow

Vorsitzender Jüdische Gemeinde Stadt Potsdam e.V.

Wir schätzen das Rechenzentrum als verlässlichen Kooperationspartner sowie als bedeutenden Ort in einem vielfältigen und lebendigen Potsdam. Als jüdische Gemeinde liegt uns sehr daran, diesen Ort zu bewahren. Auch wir benötigen Kultur und ein nachbarschaftliches Miteinander für unser gesellschaftliches Leben und unsere Teilhabe.

 

Fereshta Hussain

Vorsitzende des Migrantenbeirats Potsdam

Der Migrantenbeirat sieht im Rechenzentrum einen wichtigen Ort für kreative, soziale und kulturelle Projekte – auch und insbesondere für Menschen mit internationaler Geschichte. Für uns ist das Rechenzentrum ein Raum der Begegnung, der gelebten Teilhabe und des nachbarschaftlichen Miteinanders. In einer vielfältigen Stadt wie Potsdam sind solche Orte unverzichtbar, um ein respektvolles und gemeinschaftliches Zusammenleben zu fördern.

 

Dr. Thomas Steller

Kulturhistoriker und Museumsmanager

Durch das Nebeneinander der architektonischen Erinnerungsanker Rechenzentrum und wiedererrichtetem Garnisonskirchenturm wird die vielschichtige Stadtgeschichte Potsdams im Stadtbild augenfällig und erlebbar. Das heutige Neben- und Miteinander von kreativem Zentrum und Begegnungsraum sowie Erinnerungs-, Bildungs- und religiösem Ort sehe ich zudem als zeitgemäßen Ausdruck der wichtigen Auseinandersetzungen zum kritischen und zugleich produktiven Umgang mit dem Erbe vergangener Epochen. Dementsprechend kann die Spannung, die sich aus dieser Gleichzeitigkeit ergibt, meines Erachtens, immer auch als Chance für einen (stadt-)gesellschaftlichen Diskurs über Erinnerung, Geschichte und Vergangenheit in Potsdam und darüber hinaus begriffen werden. Ich wünsche mir darum, dass der Erhalt des Rechenzentrums in seiner gegenwärtigen Form ermöglicht wird und der Diskurs und die Arbeit an beiden Orten weiterhin so produktiv gestaltet werden. Das denkmalgeschützte Mosaik „Der Mensch bezwingt den Kosmos“ von Fritz Eisel sollte aus meiner Sicht unbedingt im Kontext des ursprünglichen Gebäudeensembles erlebbar bleiben.

 

Benny Schurig

Schulleiter Voltaireschule Potsdam

Nicht nur in Potsdam sollte das RZ erhalten werden, jede Stadt braucht einen solchen Ort. Freie künstlerische Entfaltung ist gelebte Demokratie.

 

Florentine Joop

Künstlerin und Autorin

In einer Stadt wie Potsdam kann es gar nicht genug Kulturschaffendenstandorte geben.

 

Alexandra Hirsch

Architektin

Habt keine Angst vor moderner DDR-Architektur – vor allem dann nicht, wenn sie durch Kunst und Austausch zu einem lebendigen Ort wird. Das tut Potsdam gut – wie die letzten Jahre gezeigt haben.

 

Impuls Brandenburg

Landesverband für Soziokultur und Popularmusik

Das Rechenzentrum hat sich in den letzten Jahren zu einem der wichtigsten soziokreativen Orte in Potsdam entwickelt. Sein Erhalt und die Weiterentwicklung sind von herausragender Bedeutung! Als Landesfachverband für Soziokultur appellieren wir an die verantwortlichen Entscheidungsträger*innen, gemeinsam an einem Tisch zusammenzukommen, um die Zukunft dieses einzigartigen Hauses zu gestalten.

 

Hausverein Scholle 51 e.V.

Atelier- und Kreativhaus

Das RZ ist unsere große Schwester und ein unverzichtbarer Bestandteil Potsdams. Unsere Erfahrung zeigt, dass es nutzenden Kulturschaffenden gelingen kann, tragfähige Strukturen zu errichten, die notwendige Sanierungen zu stemmen und die Kredite über verträgliche Mieten zu refinanzieren. Damit schaffen wir Freiräume für alle.

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